Verschüttet
*****
Der Staub legte sich nur langsam. Die
Expolsion war gewaltig gewesen und hatte das Gebäude wie ein Kartenhaus
zusammenklappen lassen. Die Kollegen von Einheit 51 standen wie erstarrt vor dem
Gebäude. Es hatte ein ganz normaler Rettungseinsatz werden sollen und nun das.
Vor einer Stunde ging der Notruf ein
über einen Gebäudebrand. Es sah alles nach Routine aus, doch das war es von
Anfang an nicht gewesen. Als sie eintrafen hatte sie die Polizei bereits
erwartet. Es hatte eine Explosion mit starker Rauchentwicklung gegeben. Sie
hatten das Feuer schnell in Griff gehabt und begonnen die Glutnester zu finden.
Der Captain, Gage und DeSoto waren reingegangen um das baufällige Wohnhaus nach
Opfern zu überprüfen.
Nur wenige Minuten später hatte es
eine zweite Explosion gegeben und das 5-stöckige Gebäude war
zusammengebrochen. Das Haus stand seit langem leer und sollte bald abgerissen
werden. Das hatte sich jetzt erübrigt. Kelly löste sich als erstes aus seiner
Erstarrung und griff zum Funkgerät.
"Zentrale, brauchen dringend
Verstärkung. Es hat eine weitere Explosion gegeben. Drei unserer Leute wurden
verschüttet. Wir gehen rein!" Er hängte das Mikro wieder ein und wandte
sich an den Officer. "Weisen Sie die weiteren Einheiten ein. Wir suchen
unsere Leute."
"Und wenn es noch eine Explosion
gibt?"
"Das Risiko müssen wir
eingehen. Los Jungs!" Die Männer machten sich auf den Weg. Noch immer
quollen dichte Staubwolken aus dem Eingang und einem großen Loch in der Wand
nebendran. Stokes reichte ihm sein Atemgerät und sie begannen mit ihrer Suche.
Kelly wusste genauso wie seine Kollegen, dass die Aussichten schlecht waren.
Ihre Kollegen waren bereits seit einigen Minuten im Gebäude gewesen und konnten
sonstwo unter diesem Schuttberg sein.
***
Schmerz war die erste Wahrnehmung.
Ein stechender Schmerz. Seine Schulter. Alles um Johnny Gage herum war dunkel.
Er hatte das Gefühl nicht atmen zu können und schnappte nach Luft. Noch mehr
Schmerz! Er durfte sich nicht bewegen. Wenn er ganz still lag würden die
Schmerzen vielleicht aufhören. Was war nur geschehen? Seine Ohren klingelten.
Die Explosion. Er erinnerte sich. Sie waren auf der 3. Etage gewesen und... eine
neue Schmerzwelle durchfuhr seine Schulter.
Er öffnete vorsichtig die Augen und
blinzelte. Alles war voller Staub und und er musste blinzeln, weil seine Augen
brannten. Er hatte keine gute Sicht, Trümmer versperrten ihm den Blick und er
versuchte sich zu orientieren. Er lag mit dem Oberkörper an einer Wand und die
Trümmer bedecken seine Beine, doch sie taten nicht weh. Er war schon öfter im
Einsatz verletzt worden, es blieb aber immer wieder ein seltsames Gefühl. Zum
einen die ganz normale Verzweiflung in Not zu sein und die gleichzeitige
professionelle Einschätzung seiner Situation durchmischten sich. Er analysierte
seine Atmung fast schon automatisch und regestrierte den kalten Schweiß auf
seiner Haut. Es ging ihm nicht gut. Jetzt musste er nur noch herausfinden wieso
das so war. Und er brauchte Hilfe.
"Roy! Roy, bist du da? Bist du
ok?" Keine Antwort. Nur Stille. "Cap! Cap, sind sie da? Hallo?"
Vermutlich ging es ihnen nicht besser als ihm selbst. Er musste hier raus und
nach ihnen suchen. Er bewegte den linken Arm und erstarrte in einer
Schmerzwelle, die seine linke Schulter durchfuhr. Johnny atmete tief durch und
versuchte bei Bewußtsein zu bleiben.
Er tastete mit der rechten Hand
seinen Oberkörper entlang. Da war Blut. Alles war davon durchzogen. Doch was er
dann ertastete lies ihn die Luft anhalten. In seiner Schulter steckte ein
Moniereisen. Das Ding hatte ihn durchbohrt und nagelte ihn an der Wand fest.
Seinen linken Arm konnte er dadurch nicht bewegen. Er würde niemanden helfen können.
"Roy!"
***
DeSoto war schlecht. Und sein Hals
kratzte. Sein Kopf dröhnte und er brauchte einen Moment sich zu orientieren. Er
schlug die Augen auf und wischte sich mit dem Arm über das Gesicht um den Dreck
zu entfernen. Blut war danach an seinem Ärmel. Er tastete die Platzwunde an
seiner Schläfe und zuckte bei dem Schmerz zurück.
Seine Ohren dröhnten von der
Explosion und er höhrte nur alles wie durch Watte. Er musste aufstehen und nach
den anderen sehen. Der Captain hatte direkt neben ihm gestanden. Er musste hier
irgendwo sein. Roy setzte sich auf und kämpfte zunächst gegen den Schwindel
an. Auf seinen Beinen lagen unzählige Steine, sodass er sich nicht wirklich
bewegen konnte. Er begann jeden einzelnen Stein zur Seite zu schieben. Sein
rechter Fuß schmerzte höllisch. Das sah nicht gut aus.
Er versuchte sich zu orientieren und
suchte nach seinen Kollegen. Stein um Stein trug er ab und musste immer wieder
pausieren, weil ihm schwindelig wurde. Langsam hörrte auch das Klingeln in
seinen Ohren auf und er hörte seinen Kollegen rufen.
Es war Johnny! Er lebte. "Ich
bin hier! Bist du ok?"
Die Antwort brauchte eine kurze Zeit.
"Roy? Ich stecke fest. Wo ist der Cap?"
"Ich weiß es nicht. Ich kann
ihn nicht sehen. Ich versuche mich zu befreien." Roy stöhnte auf, als er
einen weiteren Stein von seinen Beinen schob. Er musste sich beeilen,
seine Kollegen brauchten ihn. Sein Blick wanderte dabei herum um eine Spur
seines Vorgesetzten zu finden. Da! "Johnny, ich seh ihn. Er ist verschüttet,
aber seine Beine schauen raus."
Als er wenige Minuten später das
letzte Trümmerstück zur Seite geschoben hatte besah er sich sein Bein
kritisch. Es schmerzte höllisch und um seinen Knöchel hatte sich Blut
angesammelt. Roy griff nach einer langen Latte und brach sie entzwei. Mit eine
Mullbinde fixierte er die Schiene, auch wenn ihm dabei kurzzeitig schwarz vor
Augen wurde. Er würde nicht laufen können, aber immerhin kriechen und so schob
er sich zu der Stelle, an der die Beine seines Vorgesetzten aus dem Trümmerberg
ragten. "Johnny, ich schau erstmal nach dem Cap. Hälst du es noch
aus?"
"Mir geht es gut. Ich halte
durch. Was ist mit ihm?" Roy wusste instinktiv, dass Johnny ihm nicht die
Wahrheit sagte. Dafür war er bereits zu lange im Job. "Ich bin gleich auch
bei dir."
DeSoto war bei den Beinen angekommen
und er griff an den Unterschnenkel. Gut! Er lebte und auf den ersten Blick waren
die Trümmer gar nicht so schwierig zu beseitigen. Einige Bretter hatten sich
verkeilt, lasteten aber nicht auf dem Körper. Er begann sie nach und nach
abzutragen und arbeitete sich schnell vor. Nur Minuten später hatte er ihn
freigelegt. Sein Vorgesetzter lag blaß am Boden und er zog ihn vorsichtig
hervor. An seiner Stirn hatte er eine stark blutende Platzwunde, die er direkt
verband. Was hätte er darum gegeben, seinen Arzneimittelkoffer dabei zu haben
oder gar Funkkontakt herzustellen. Aber hier und jetzt war er auf sich alleine
gestellt.
Er nahm seine kleine Lampe aus der
Brusttasche um die Pupillenreaktion festzustellen, doch sie war zerbrochen. Er
diagnostizierte routiniert eine sehr flache Atmung und einen schwachen Puls. Es
hatte seinen Vorgesetzten schwer erwischt, doch er konnte hier und jetzt nicht
mehr für ihn tun. Er musste sich um Gage kümmern.
Doch als er sich aufrichtete erfasste
ihn erneuter Schwindel. Auch er hatte vermutlich eine Gehirnerschütterung,
vielleicht eine Fraktur. Aber darauf konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen.
"Johnny, ich komm zu dir. Gib Laut, damit ich dich finden kann."
"Ich bin hier! Wo immer das auch
sein mag. Vor mir und auf meinen Beinen liegen Trümmer und hinter mir ist eine
Wand." In den Sekunden vor der Explosion hatte Gage sich von ihnen getrennt
und hatte ein anderes Zimmer durchsucht. Roy fragte sich noch immer, was die
Explosion überhaupt ausgelöst hatte. Gasgeruch hatte nicht in der Luft
gehangen. "Red weiter, ich kann dich noch nicht sehen."
Roy wirbelte immer neuen Staub auf
bei dem Versuch sich in den völlig zerstörten Raum vorzuarbeiten. Überall
hingen Kabel von der Decke und lagen Trümmerteile. Ein einziges Chaos breitete
sich vor ihm aus. Er kam kaum voran, auch weil er sicht nur voranschieben
konnte. Sein Fuß schmerzte höllisch und manchmal sah er alles doppelt.
"Hey Gage, red weiter."
"Ja..." Gage wurde von
einem Hustenanfall unterbrochen. Roy hörte ihn Stöhnen. Es kam von rechts.
"Alles klar Johnny, ich hab dich gleich. Ich muss nur noch ein paar dieser
Bretter zur Seite räumen."
***
Johnny Gage fühlte sich nicht gut,
doch er konnte nichts tun ausser zu warten. Das Eisen nagelte ihn regelrecht an
die Wand. Er hörte seinen Freund schnaufen als er versuchte die Trümmer zu
beseitigen.
"Sei vorsichtig Roy, das ganze
sieht sehr instab..." Er hatte es kaum ausgesprochen, als bereits einige
Latten auf ihn herunterkrachten. "Argh... sei doch vorsichtig!"
"Jajaja!" Nur Sekunden später
konnte er bereits ein fahles Licht sehen. Vor ihm lag ein großes Trümmerstück,
dass er erst jetzt als Teil einer Schrankwand identifizierte. Langsam, ganz
langsam wurde sie zur Seite geschoben und das erschöpfte Gesicht seines
Freundes erschien.
"Hi Roy!" Sein Freund schob
den Rest zur Seite. Im Licht war zum erstenmal der große Balken über seinen
Beinen erkennbar. Genauso wie der erschrockene Blick seines Kollegen, als er
Johnny sah. "Halb so schlimm Partner!"
"Das seh ich etwas anders."
Sein fachmänischer Blick taxierte die Lage. "Du hast viel Blut verloren.
Kannst du dich bewegen?"
"Können vielleicht, wollen ganz
sicher nicht!"
"Was ist mit deinen Beinen?
Schmerzen?"
"Nein, aber sie werden langsam
etwas taub." Gage spürte vor allem das rechte Bein kaum. "Was ist mit
dem Cap?"
Roy DeSoto schob weiterhin Trümmerteile
beiseite um besser an seinen Freund heranzukommen. "Er liegt hinten im
Flur. Schädeltrauma. Ich kann hier nicht viel für ihn tun."
"Gibt es einen Weg
herunter?"
"Alles blockiert. Kein
Durchkommen. Wir sind erstmal auf uns gestellt." Erst jetzt sah Gage das
geschiehnte Bein. Auch Roy hatte etwas abbekommen und die Schwellung und
Platzwunde an seiner Stirn war nicht zu übersehen.
"Die Jungs holen uns hier
heraus. Ganz sicher und ich werde einfach hier sitzen und warten. Kümmere du
dich um den Captain." Johnny wusste, dass Roy ihn durchschaute. Es ging ihm
schlecht, nur konnte Roy sowieso nichts für ihn tun und er wollte ihn nicht
dieser Hilflosigkeit überlassen. Er selbst hätte dieses Gefühl auch gehasst.
"Seine Atmung ist stabil. Ich
bleib lieber hier." Roy konnte ein ziemlicher Sturkopf sein, aber im grunde
war er froh. Er wollte hier nicht allein und hilflos liegen bleiben.
***
Captain Fuller winkte den Leiterwagen
heran. Er hatte die Leitung des Einsatzes übernommen und sah sorgenvoll zu dem
alten Haus. Die Etagen waren regelrecht in sich zusammengefallen, er befürchtete
das Schlimmste. Einheit 51 war im Gebäude und suchte nach einem Weg durch die
Trümmer. Noch immer quoll etwas Rauch aus der Ruine, aber sie hatten das unter
Kontrolle.
Ein Mann der Einheit 51 kam auf ihn
gewankt. Unter all dem Ruß erkannte er Chat Kelly erst im letzten Moment.
"Cap, wir kommen langsam vorwärts, aber das ganze treppenhaus ist verschüttet.
Ich glaube nicht, dass wir da durchkommen. Wir konnten noch keinen Kontakt
herstellen, aber sie sind sicherlich oberhalb der 2. Etage."
"Kommen wir da von oben
heran?" Kelly sah sich um. "Ich weiß nicht Cap, die Decken sind alle
runtergekommen und die Trümmer haben sich verkeilt, aber ein Versuch wäre es
wert. Vielleicht kommen wir durch eine der Wände ran?"
Fuller nickte. "Machen sie eine
Pause, ich lass sie ablösen..."
"Nein, ich geh wieder
rein." Der Feuerwehrmann wartete erst gar nicht mehr die Antwort ab und
rannte zurück in das Gebäude. Fuller konnte ihn verstehen, es waren seine
Kollegen. Er winkte zwei Männern seiner Einheit zu ihm zu folgen und zu unterstützen.
Er hoffte sie würden Hank Stanley
und seine Leute heil dort herausbringen. Hank und er hatten noch vor zwei Wochen
lachend im Garten gesessen. Ein Hubwagen kam an und Captain Fuller schüttelte
die Trüben Gedanken ab. "Los Männer, bringt die Leitern in den 4. Stock.
Wir versuchen auch von oben dran zu kommen."
Natürlich wäre es ideal durch die
Fenster vorzustossen, doch aus den ragten die Trümmer. Dort war kein
Durchkommen. "Informieren sie die Zentrale, wir brauchen hier Sanitäter."
***
"Warte, ich habs gleich."
Roy bemühte sich ein verkeiltes Brett zur Seite zu schieben. Er wollte besser
an Johnny herankommen und sich vielleicht neben ihn setzen können. Nur von dort
konnte er versuchen den Balken von seinen Beinen zu stemmen. Immer wieder
erfasste ihn leichter Schwindel und der Sanitäter in ihm riet sich auszuruhen.
"Ich muss nur noch das Brett hier..." Mit einem Krachen fiel das
Holzstück zur Seite und leichter Schutt und Staub rieselte auf sie beide herab.
Roy konnte einen Hustenreiz nicht
unterdrücken. Als er wieder zu Atem kam schob er sich neben seinen Freund.
Vorsichtig legte er sein Bein zur Seite. Er hatte sich vorhin noch einmal zum
Captain rübergezogen und nach ihm gesehen. Sein Zustand war unverändert, aber
stabil. Von unten hatte er Klopfgeräusche gehört und darauf mit der
Brechstange geantwortet, die er neben Captain Stanley gefunden hatte. Sie waren
auf dem Weg und würde sie hier herausholen. Es war nur eine Frage der Zeit und
er hoffte seinen Kollegen blieb diese Zeit.
"Ok, Johnny, ich würde gerne
deinen Rücken abtasten um zu sehen wo die Stange wieder herauskommt. Du bewegst
dich bitte überhaupt nicht, klar?"
"Klar!" Johnnys Haut war
noch immer von kaltem Schweiß überzogen. Roy fühlte noch einmal seinen Puls.
Ziemlich hektisch. Vorsichtig lehnte er sich zurück und schob seinen linken Arm
hinter Johnny, immer darauf bedacht ihn nicht zu bewegen. Schnell hatte er die
Stange ertastet, die ihn an der Wand fixierte und im linken Schulterbereich
steckte. Er lies die Hand tiefer gleiten und merkte wie Johnny die Luft anhielt.
Seine Finger berührten noch etwas. Noch eine Stange!
"Was ist?" Johnny hatte
sein Zögern bemerkt. Roy überlegte ob er seinem Freund die Wahrheit sagen
sollte oder sich auf seine Ausbildung besinnen und den Patienten beruhigen
sollte. Er entschied sich für ersteres. "Da steckte noch eine zweite
Stange weiter links, vermutlich kannst du deshalb deinen Arm nicht
bewegen."
Johnny sagte gar nichts und starrte
nur gearadeaus. Er war Profi genug um die Situation einzuschätzen. Es würde
schwierig werden ihn hier herauszubekommen. "Hörmal..."
"Vergiß es! Ich weiß was du
sagen willst!" Roy lies seinen Arm sinken und starrte geradeaus. Zeit war
der entscheidende Faltor wenn seine Kollegen sich erstmal zu ihnen
durchgearbeitet hatten. Also würde er Johnny Zeit verschaffen. Er ignorierte
sein Bein und griff nach der Brechstange. "Ich hol dich hier heraus
Johnny!"
"Roy, das schaffts du
nicht!"
"Dich das werde ich! Du bleibst
einfach still liegen und läßt mich machen, ist das klar?"
"Klar." Das klang
resignierend...
***
"Cal!" Dixie rannte den
Flur entlang. "Cal, warte!"
"Was ist los?"
"Gebäudeeinsturz! Drei
Feuerwehrmänner wurden verschüttet. Roy und Johnny sind darunter."
"Weiß man schon etwas näheres?"
"Nein, sie suchen bereits seit
drei Stunden nach ihnen, aber sie haben Klopfzeichen gehört."
"Das hört sich nicht gut an.
Ruf Dr. Early, er soll sich in Bereitsschaft halten. Welche Sanitätereinheit
ist vor Ort?"
"101! Sie haben es grad
durchgegeben."
"Hoffen wir das Beste für die
Jungs." Dixie nickte stumm. Sie mochte die Jungs von der Einheit 51. Sie
waren seit der ersten Stunde als Sanitäter dabei und leisteten gute Arbeit. Wie
musste sich erst Roys Frau fühlen. Dixie ging zum Apperat und wählte Joe
Earlys Nummer.
***
"Hey Jungs? Könnt ihr uns hören
Jungs? Captain? Roy? Gage, seid ihr da? Hallo!!"
Roy schreckte hoch. Er musste
eingenickt sein. Was... er wandte sich zu Johnny, der ebenfalls die Augen
geschlossen hatte. Der Balken lag noch immer auf seinem Bein, er hatte ihn
einfach nicht bewegen können. Mit einem fachmänischen Griff kontrollierte er
den Puls seines Freundes. Soweit so gut.
Roy zog sich wieder in Richtung Flur.
Weiter unten konnte er den Strahl eine Taschenlampe erkennen. "Wir sind
hier!"
"Roy! Bist du das?" Das war
Chet Kelly. Sie hatten sie gefunden. Doch noch immer blockierten unzählige Trümmer
das Treppenhaus. Nur eine schmaler Schacht war freigelegt. Das Licht blendete
ihn. "Ja!"
"Wie sieht es bei euch aus? Gibt
es einen Weg nach oben?"
"Nein, da ist alles dicht, die
halbe Etage ist hier runter gekommen. Captain Stanley hat eine Kopfverletzung
und ist bewußtlos. Johnny hat es übel erwischt, er ist eingeklemmt." Roy
dachte an sein Bein."Und ich hab mir das Bein gebrochen wie es aussieht. Könnt
ihr mir meine Ausrüstung irgendwie hier hoch bringen?"
"Wir versuchen es. Haltet
aus!" Chet verschwnd kurz aus seinem Blickfeld. "Alles klar Roy, wir
schieben dir mit einer Stange ein Seil hoch. Einheit 101 wird versuchen durch
eine der Seitenwände zu schneiden. Wo ist es ungefährlich?"
Roy überlegte kurz. "Versucht
es auf der Südseite! Das könnte gehen."
"Alles klar Roy. Wir schicken
dir als erstes ein Funkgerät hoch." Roy nickte und bereute dies gleich
wieder. Sein Kopf schien zerplatzen zu wollen und immer wieder verschwamm alles
vor seinen Augen.
Zehn Minuten später hatte er durch
das schmale Loch neben dem Funkgerät auch noch die grundlegensten Ausrüstungsgegenstände
erhalten. Er hatte die Kopfwunde von Captain Stanley verbunden und hockte nun
neben seinem Freund Johnny Gage. "Hey Roy!"
"Hey, wie fühlst du dich?"
"Mir ist kalt und ich habe keine
Lust mehr hier drin zu versauern." Johnny lächelte.
"Geht mir nicht anders. Die
bohren sich hinten durch die Wand, wir sollte hier bald raus sein. Hör zu, ich
werde dir jetzt den Arm fixieren. Chet hat mir einiges hoch geschickt."
Johnny sah skeptisch zu Roy, denn er
wusste das dies mit Schmerzen verbunden sein würde. "Ich frag bei Rampart
an, ob ich dir ein Schmerzmittel geben soll."
Roy drückte das Mikro. "Chet,
steht die Verbindung mit Rampart?"
"Ja, du kannst loslegen."
***
"Rampart hier Einheit 51! Bitte
melden!"
Dixie griff sofort zum Sendeknopf.
"Hier Rampart. Wir hören Einheit 51. Bist du das Roy?"
"Ja, wir sind noch immer
eingeschlossen und ziemlich angeschlagen. Der Captain ist ohne Bewußtsein und
hatt eine Platzwunde am Kopf. Sein Puls ist 50, Atmung liegt bei 18 und der
Blutdruck liegt bei 110 zu 60. Zustand soweit stabil."
"Alles klar. Dr. Bracket hört
mit." Cal nickte Dixie zu einfach weiterzumachen. "Was ist mit
dir?"
"Halb so wild, nur ein
gebrochener Unterschenkel und eine dicke Beule. Johnny hat es schlimmer
erwischt. Er ist unter den Trümmern eingeklemmt. Seine Beine scheinen
unverletzt, sind aber schlecht durchblutet. Zwei Eisenstangen haben seine linke
Schulter durchbohrt und fixieren ihn an einer Wand. Kalter Schweiß und flache
Atmung. Blutdruck liegt bei 90 zu 60, Puls ist unregelmäßig. Ich würde ihm
gerne etwas gegen die Schmerzen geben und den linken Arm und die Schulter
fixieren."
Cal drückte nun selbst auf den
Sendeknopf und sah Dixie ernst an. Das hörte sich nicht gut an. Normalerweise würde
er bei solch kritischen Patienten auf einen sofortigen Transport zum Hospital
bestehen, doch das war nun nicht möglich. Er würde Roy so gut wie möglich
unterstützen müssen.
"Hier Bracket. Einverstanden
Roy, geben Sie 5 mg Morphine und legen sie einen Tropf mit Ringer. Blutet er
stark?"
"Jetzt nicht mehr, ich konnte
die Blutungen an der Schulter stillen. Ich habe hier nur einen Bruchteil meiner
Ausrüstung. Lege jetzt Zugang. Melde mich gleich wieder."
"Alles klar Roy. Kontrollieren
Sie regelmäßig die Vitalwerte." Das musste er dem erfahrenen Sanitäter
vermutlich gar nicht sagen, aber vielleicht half die normale Vorgehensweise Roy.
***
Roy kloppfte aus Johnnys rechten
Handrücken und führte die Nadel ein. Zuerst spritze er das Schmerzmittel und
legte dann den Tropf an. Für einen Moment verschwamm wieder alles vor seinen
Augen. Nicht Jetzt!!! Er stützte sich kurz ab.
"Roy?" Johnny hatte es
gemerkt. "Was ist los?"
"Nichts weiter, das Bein
schmerzt." Er wusste das Gage ihn vermutlich durchschauen würde, aber das
war ihm egal. Er würde schon durchhalten. "Wir sollten deinen Arm
schienen, das ist jetzt wichtiger. Umso leichter haben es die Jungs nachher dich
hier rauszuholen."
"Als wenn das so einfach wäre.
Aber in Ordnung, gehen wir es an."
Es wurde für seinen Freund eine
qualvolle Prozedur und am Ende lehnten sie beide erschöpft an der Wand und
schlossen für eien Moment die Augen. "Ok?"
Johnny brauchte einen Moment sich zu
sammeln. "Ok!"
"Hier Rampart, alles klar bei
euch?" Das war Cal Bracket. Roy schätze den Unfallarzt, er war eine Koriphäe
auf seinem Gebiet und arbeitete gut mit ihnen zusammen.
"Ja! Ich konnte die Schulter
stabilisieren. Jetzt können wir nur warten."
"Gut Roy, geben Sie mir regelmässig
die Werte durch. Hat Johnny noch immer starke Schmerzen?" Roy blickte herüber,
doch sein Freund schüttelte den Kopf. "Nein Rampart, das Morphine wirkt.
Melde mich gleich wieder mit den Werten."
Roy lehnte sich müde zurück und
wieder verschwamm vor seinen Augen alles. Er holte tief Luft. Das war gar nicht
gut, aber ihm blieb eh nichts anderes übrig als auf seine Kollegen zu warten.
Eigentlich hätte er den Zustand von Captain Stanley kontrollieren müssen, doch
er war sich nicht sicher, ob er nicht auf halber Strecke das Bewußtsein
verlieren würde.
"Roy!" Das war Chets Stimme
aus dem Funkgerät. "Sie fangen jetzt an sich durchzuschneiden. Bleibt auf
Empfang!"
Ein für Roys Ohren fast unerträglicher
Lärm setzte ein und steigerte sich, als das Sägeblatt auf den Stein traf. Roy
konnte nicht mehr, er hatte längst bemerkt, dass etwas nicht stimmte.
Vermutlich hatte er mehr als nur eine Gehirnerschütterung. Die stechenden
Kopfschmerzen steigerten sich und er hatte das Gefühl im platze der Schädel.
Sie würden bald durchbrechen und sich um Johnny und den Captain kümmern, er
konnte die Augen sicherlich für einen kurzen Mmoment schließen. Sie würden ja
bald da sein. Nur für einen Moment...
Roy DeSoto merkte nicht mehr wie er
zusammensackte, als er das Bewußtsein verlor.
***
"51-2! Hier Rampart! Melden Sie
sich doch Roy!"
Johnny ruckte mit dem Kopf hoch. Er
musste kurz weg gewesen sein und öffnete die Augen.
"51-2! Hören Sie mich
nicht?"
"Roy, das Funkgerät." Doch
dann sah er nach rechts zu seinem Freund, der in sich zusammengesackt an der
Wand lehnte und offensichtlich das Bewußtsein verloren hatte. "Roy!?"
Keine Reaktion. Johnny streckte
seinen rechten Arm mit der Infusion aus und tastete nach Roys Handgelenk.
Schwacher Puls. "Roy, kannst du mich hören?" Noch immer nichts.
"Roy, bitte melden Sie
sich." Das war wieder Rampart. Doch Johnny hatte keine Chance, Roy hatte
das Funkgerät in der rechten Hand, ausser Reichweite für ihn und er wagte
nicht sich mehr als notwendig zu bewegen. Seine Schulter schmerzte dank des
Morphins nicht mehr ganz so schlimm.
Er konnte nur warten und hoffen, dass
Roy keinen Atemstillstand erlitt. Er würde ihm dann nicht helfen können. Noch
immer dröhnte die Säge, mit der sich seine Kollegen Zugang verschaffen wollen.
Was hatte Chet gesagt? Einheit 47-2 wäre vor Ort. Das war gut, Timmy Mullhawn
und Michael Duncan waren gute Sanitäter. Sie würden wissen was zu tun war.
***
Mike hielt noch immer mit der Säge
drauf. Nur noch wenige Zentimeter und sie waren durch. Chet sah nach unten. Sie
waren im Korb etliche Meter oberhalb der Straße und arbeiteten sich durch die
Wand. Wenn sich den Durchbruch geschafft hatten würde der Korb die Sanitäter
von der 47. rauf bringen. Die Tragen lagen bereits unten. Alles war bereit um
ihre Freunde heraus zu holen, doch es ging ihm immer noch nicht schnell genug.
Zentimeter für Zentimeter fraß sich die Säge durch die Backsteine und dann
waren sie durch. Mike setzt die Säge ab und Chet begann mit Stokes die Mauerstücke
wegzustemmen.
"Alles klar. Das ist es! Mike,
gib mir mal die Lampe." Chet schob sich vorsichtig durch das schmale Loch.
Innen empfing ihn eine rauchgeschwängerte Luft und dämmriges Licht. Sie hatten
die Feuerherde nach der zweiten Explosion gut in Griff bekommen, aber noch immer
schwelte hier und da ein Balken. "Da lang!"
Er schob sich an einer herabhängenden
Decke vorbei und sah seinen Captain am Boden liegen. Er war noch immer ohne Bewußtsein
und stöhnte leicht. "Mike, kümmere dich um ihn und weise die Jungs von
der 47. ein. Die müssten gleich kommen. Wir suchen nach Roy und Johnny."
Chet schob sich mit seinem Kollegen
Stoker weiter vorwärts und passierte das Loch, durch dass sie Roy das Funkgerät
geschoben hatten. Doch die beiden hatten sich schon seit Minuten nicht mehr bei
ihnen und Rampart gemeldet und das war nicht gut. "Johnny! Roy! Wo seid
ihr?"
Er verharrte und lauschte.
"Hier!" Das war sehr leise, aber unverkennbar Johnnys Stimme.
"Wir sind gleich da, dann holen
wir euch heraus." Als sie sich an einer aus den Angeln hängenden Tür
vorbei schoben sahen sie die beiden. Roy lehnte zusammengesunken an einer Wand
und rechts neben ihm Johnny, dessen Beine von einigen Trümmern bedeckt waren.
Chet sog die Luft ein, als er die Metallstrebe aus seiner linken Schulter ragen
sah.
"Da seid ihr ja! Wie sieht´s
aus?" Er hätte sich für die blöde Frage Ohrfeigen können, aber er hatte
das Bedürfnis gehabt, etwas zu sagen. Johnny grinste gequält. "Ging schon
besser aber ich halte noch durch. Kümmert euch um Roy. Sein Puls ist schwach
und die Atmung verschlechtert sich. Vermutlich ist die Kopfverletzung ernster
als er dachte."
Stoker schob sich näher heran und
besah sich die Trümmer über Johnnys Beinen. "Wir werden den
Hydraulikheber brauchen. Ich geh ihn holen und bringe die Sanitäter rein."
Chet nickte. "Bring die Trage
mit. Wir sollten den Captain und Roy zügig abtransportiern." Chet beugte
sich vor um hinter Johnnys Rücken zu schauen. Das würde schwierig werden.
Zwischen Wand und Rücken war nur wenig Platz um die Stangen zu durchtrennen. So
schnell würden sie seinen Kollegen hier nicht raus bekommen.
"Chet, ruf Rampart. Um mich könnt
ihr euch später kümmern, Roy hat es wirklich übel erwischt."
"Geht klar!"
***
"Rampart, hier 51-2!" Chet
rief das Krankenhaus und reichte das Funkgerät an Gage weiter.
"Hier Rampart. Wie ist die
Situation vor Ort?" Cal Bracket war froh endlich wieder Kontakt zu haben.
"Wie geht es Gage?"
"Am Apperat. Ich halte mich noch
ganz gut, aber Roy ist zusammengeklappt. Er hatte über Schwindel geklagt. Ich
kann ihn nicht untersuchen, aber ich vermute eine schwerere Schädelverletzung.
Sein Puls liegt bei 90 und die Atmung verschlechtert sich zusehends."
"Sind die Sanitäter von Einheit
47 schon bei euch eingetroffen?"
"Sind auf dem Weg nach oben. Wir
geben euch Bescheid." Cal nickte und wandte sich an Dixie, der die Sorge
ins Gesicht geschrieben stand. "Ruf Doktor Fitzgerald, wir brauche hier
unten einen Neurochirougen. Ist Doktor Mortimer schon da?"
"Ist auf dem Weg."
"Gut."
***
Michael Duncan hatte Roy eine Schiene
angelegt um sein gebrochenes Bein zu versorgen und nun hob er ihn mit Timmy
Mullhawn und Chet Kelley vorsichtig auf die Gittertrage. Er war sehr blaß und
Johnny machte sich große Sorgen um seinen Freund. "Beeilt euch doch!"
Doch zu gleich bereute er seinen Satz. Seine Kollegen wussten was zu tun war und
würden dies auch tun. Johnny war lange genug in diesem Job um die Schwere von
Roys Verletzungen einzuschätzen. Es kam jetzt nur darauf an ihn zu
stabilisieren und dann schleunigst ins Rampart zu bringen. Brackett würde ihm
schon helfen.
"Argh!!!" Johnny zuckte
zusammen als ein scharfer Schmerz sein rechtes Bein durchfuhr und die
Schreckbewegung war dann auch zuviel für seine Schulter. Schmerzwellen
durchzogen seinen Körper und er bemühte sich diese zu ertragen und ruhig zu
bleiben.
"Entschuldige!" Mike Stoker
hatte sofort in seiner Bewegung inne gehalten. Er bereitete den Hydraulikheber
vor, der die Last von Johnnys Beinen nehmen sollte. Sobald Roy hinaus war sollte
es losgehen. Michael Duncan würde hier bleiben, während Timmy seine Kollegen
ins Hospital begleiten würde. Dieser hob zusammen mit einem Kollegen die Trage
an und er sah zu wie sie seinen Partner heraus trugen.
Chet und Michael wandten sich wieder
um und hockten sich neben ihn. "Ok, Johnny! Jetzt bist du dran."
Michael überprüfte noch einmal seinen Puls und nickte Chet dann zu. "Wir
werden zuerst versuchen deine Beine zu entlasten. Um die Stangen kümmern wir
uns danach. Du musst einfach nur still liegen bleiben. Überlasse alles
uns."
"Kein Problem Chet. Hatte nichts
anderes vor." Er merkte wie ihm das Sprechen immer schwerer fiel. Er war
einfach nur müde und wollte die Schmerzen hinter sich lassen. Aber er wusste
genau was ihm bevor stand. Michael nickte seinen Kollegen zu und diese begannen
die Hydraulikpunpe zu bedienen. Ganz vorsichtig hoben sie so den Balken über
seinen tauben Beinen an. Ein Schmerz durchzog ihn erneut, doch diesmal war er
darauf gefasst gewesen.
Chet hielt inne. "Alles
klar?"
"Ja, ja! Mach schon
weiter!" Johnny bereute seine ungeduldige Art gleich, doch er konnte
einfach nicht mehr. Immer weiter hob sich der Balken und dann waren seine Beine
frei. Vorsichtig tastete Michael Duncan sie ab und griff dann zum Mikro. "Rampart.
Wir haben die Beine jetzt befreit. So wie es aussieht ist nichts gebrochen.
Vermutlich starke Quetschungen." Er tastete nach dem Puls am Bein.
"Durchblutung wieder in normalen Parametern."
Innerlich atmete Johnny auf. Er hatte
sich Sorgen gemacht. Wäre das Bein nicht ausreichend durchblutete worden, hätte
er es verlieren können.
"Gut gemacht! Sind die anderen
auf dem Weg?"
"Werden gerade in die
Krankenwagen gebracht." Michael Duncan zog zwei Schienen hervor. "Wir
schienen jetzt die Beine und versuchen dann die Metallstreben hinter ihm zu
durchschneiden. Melden uns später wieder."
"In Ordnung!" Michael
faltete die Kartonschienen auseinander und schob sie vorsichtig unter seine
Beine, um sie anschließend mit Tape zu fixieren. Chet und Mike hatten derweil
den Balken gesichert und machten sich Platz um an seinen Rücken zu kommen.
Johnny wäre am liebsten ohnmächtig geworden um das alles nicht mitzubekommen,
aber das war ihm nicht vergönnt. Jede Bewegung der Schulter schmerzte höllisch
und nun würden sie auch noch an der Stange sägen.
"Hey Johnny!" Chet beugte
sich zu ihm heran. "Wir sind da in null Komma nichts durch. Wir arbeiten so
schnell wie möglich und so vorsichtig wie möglich, ja!"
Johnny nickte nur stumm.
***
"Dixie! Ist Raum eins
bereit?"
"Ja! Und Dokter Stevens aus der
Neurologie ist unterwegs." Sie hatte es kaum ausgesprochen da kam schon
Timmy Mullhawn mit der ersten Krankenliege um die Ecke. Es war Captain Stanley,
der stark benommen wirkte. Ein blutdurchtränkter Verband zierte seinen Kopf.
"Direkt hier in Raum eins Timmy!"
"Alles klar!" Cal trat an
die Liege. "Er ist auf der Fahrt wieder zu sich gekommen. Werte im
Normalbereich. Kümmern Sie sich lieber erstmal um Roy, der kommt dierekt
hinterher." Cal nickte. Joe
Early würde den Captain behandeln. Der Arzt kam gerade um die Ecke.
"Gut. Joe soll sich um ihn kümmern."
Damit ging er der zweiten Krankenliege entgegen. Roy sah sehr blaß aus und der
Arzt erkannte sofort das es den jungen Sanitäter schwer erwischt hatte. Timmy
kam zu ihm heran. "Seine Atmung wird immer unregelmäßiger. Sein Bein ist
gebrochen und hat eine blutende Schnittwunde. Er kommt immer mal wieder kurz zu
sich."
"Bringen wir ihn in die
Zwei!"
Vorsichtig hoben sie ihn rüber und
Dixie kümmerte sich gleich um die Vitalwerte. Cal nahm seine Lampe und
kontrollierte Roys Pupillenreaktion. "Wir brauchen dringend eine
Aufnahme."
"Ist schon bestellt. Blutdruck
liegt bei 80 zu 60 Cal."
Das hörte sich nicht gut an.
"Roy? Roy, können Sie mich hören?" Er sah wie die Lider des Sanitäters
flatterten und sich dann öffneten. "Roy, können Sie mich verstehen?"
Doch Roy schien seine Umgebung gar nicht wirklich wahr zu nehmen. Seine Augen
blickten unruhig umher.
"Was..." Das Sprechen viel
ihm sichtlich schwer. "Wo ist Johnny? Hat..."
"Ganz ruhig Roy, jemand kümmert
sich um ihren Freund. Sie sind jetzt im Rampart." Doch Cal bezweifelte, das
Roy ihn noch hörte. Er verdrehte die Augen und unmittelbar darauf erschlaffte
er. "Dixie! Schnell! Er atmet nicht mehr...!" Jetzt kam es auf jede
Sekunde an.
***
Chet Kelley überlegte gründlich. Er
war gut in seinem job, aber das hier würde schwierig werden. Zwischen dem Rücken
seines Kollegen und der Wand waren gerade mal 10 Zentimeter Raum. Wie sollte er
da die motorbetriebene Säge ansetzen. Sie würden das per Hand erledigen müssen
und das war mehr als mühselig
und vor allem unangenehm für Gage. Jede Bewegung würde ihm Schmerzen bereiten.
Er wandte sich an Michael Duncan und
Mike Stoker und wies auf die Eisensäge. "Ich sehe keine andere Möglichkeit."
"Was ist denn...?" Johnny
sprach erschöpft und abgehackt.
Chet sah seinem Freund ins Gesicht.
"Wir werden von Hand sägen müssen."
Für einen Moment sah ihn Gage stumm
an und biß sich auf die Lippen. "Dann fangt an!"
"In Ordnung. Ihr habt den Mann
gehört. Michael, du setzt dich am besten vor ihn hin und stützt ihn.
Hörst du Johnny. Er hält dich. Du bewegst dich nicht. Lass alles
Michael machen. Klar?"
"Klar!"
Chet ließ sich von Mike die Eisensäge
reichen und setzte sie vorsichtig an. Er würde zuerst die Stange durchtrennen,
die ihn komplett durchbohrt hatte. Er begann und zögerte auch nicht, als John
aufstöhnte. Jedes Zögern würde seine Schmerzen nur verlängern. Ein Blick in
Michael Duncans Gesicht bestätigte ihn darin. Dieser nickte ihm aufmunternd zu,
wollte er doch sicher nicht mit ihm tauschen. Vorsichtig sägte er weiter und
dann war er mit einem kleinen Ruck plötzlich hindurch Michael hielt ihn fest,
so daß er nicht wegsackte.
"Alles klar Johnny. Du hast es
fast geschafft! Nur noch ein kleines bißchen..."
"Er hört dich nicht mehr Chet,
er hat das Bewußtsein verloren." Mit einem geübten Griff fühlte er nach
Johnnys Puls. "Alles ok, mach weiter Chet!"
Mit schnellen Bewegungen durchtrennte
er auch das zweite Metallstück. Sein Freund war frei und Michael lies ihn
vorsichtig auf die Seite sinken und griff zum Mikro. "Rampart. Hier 47.2!
Wir haben die Stangen durchtrennt. Patient ist ohne Bewußtsein. Vitalwerte
unverändert. Wir bereiten ihn jetzt zum Transport vor."
"Verstanden 47.2!" Das war
Dixies Stimme. Chet legte die Säge zur Seite und half Mike und Michael seinen
Freund vorsichtig in der Rettungstrage zu fixieren. Sie mussten ihn auf die
Seite legen, damit die Stangen nicht versehentlich weiter eindrangen.
"Vorsichtig!" Chet reichte Michael einen der Gurte.
"Chet..." Johnnys schwache
Stimme unterbrach sie in ihren Handlungen.
"Hey Johnny, da bist du ja
wieder. Wir haben dich raus und bringen dich jetzt zu Roy ins Rampart. Dixie
wartet schon auf dich!"
Dixie wartete tatsächlich bereits an
der Tür auf sie und führte sie direkt in eines der Behandlungszimmer. Chet
begleitete sie und half Johnny vorsichtig auf die Behandlungsliege zu legen. Das
ganze Hemd seines Freundes war voller Blut und er selbst leichenblass.
Michael Duncan drückte ihm die
Infusion in die Hand und er zog sich einen der Ständer heran um sie aufzuhängen.
Cal Brackett erschien und besah sich die Stangen gleich. Johnny war immer mal
wieder weggedämmert und immer schwächer geworden. Der hohe Blutverlust hatte
Duncan gesagt.
Auch jetzt war Johnny halb weggedämmert.
Dr. Brackett lies sich die Werte geben und machte ein sorgenvolles Gesicht.
"Sauerstoff Dixie!"
"Doc, wie sieht es aus? Und wie
geht es Roy und dem Captain?" Chet platzte mit seinen Fragen heraus.
Bracket sah kurz auf und wandte sich dann an Dixie. "Alles
vorbereitet?"
Als Dixie nickte wandte er sich an
Chet. "Dem Captain geht es schon wieder besser und Roy ist im OP und da
fahren wir jetzt auch hin. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Ich werde ihn persönlich
operieren." Damit nickte er den Sanitäter zu und lies einen mehr als
besorgten Chet Kelley zurück. Michael Duncan und Dixie schob ihn heraus.
"Wie wäre es Jungs? Sie bringen euren Captain gleich auf die Station. Ich
könnte mir vorstellen, dass ihm etwas Gesellschaft gefallen würde."
"Aber, ich würde
lieber..."
"Ich werde euch informieren,
soweit es etwas neues gibt." Dixie lächelte ihnen aufmunternd zu.
"Die Jungs sind zäh, die schaffen das!"
***
Stunde um Stunde war vergangen und
noch immer waren ihre Kollegen im OP. Chet tigerte die meiste Zeit im Zimmer auf
und ab, während seine Kollegen sich zwei Stühle organisiert hatten. Der
Captain lag mit bandagiertem Kopf in seinem Bett und verschlief das ganze.
"Chet! Du machst uns wahnsinnig.
Jetzt setz dich endlich hin! Du weckst noch den Cap!" Mike hatte natürlich
recht, das wusste Chet, aber erkonnte nicht anders. Er war schon zweimal bei
Dixie gewesen um nachzufragen, wie es stand. Beide OP´s dauerten länger als
erwartet und Dixie konnte ihn nur vertrösten.
Doch Chet fügte sich und lehnte sich
demonstrativ gegen die Fensterbank. "Besser?!" Er konnte den gereizten
Tonfall nicht ganz vermeiden.
Chet wusste das seine Kollegen
mindest genauso unter Schock standen wie er auch. Die Hälfte ihres Teams hatte
es erwischt und noch wussten sie nicht ob alle überleben. Die Tür öffnete
sich und Dixie erschien mit einem vielsagenden Lächeln. "Hallo
Jungs!" Sie hielt die Tür auf und zwei Pfleger schoben ein Bett hinein. Es
war Johnny. Still und blaß lag er in seinem Bett, eine Sauerstoffmaske über
das Gesicht. Ein Monitor überwachte seinen Herzschlag. Vorsichtig wurde er
neben den Captain geschoben, der jetzt ebenfalls die Augen geöffnet hatte.
"Wie geht es ihm?" Die
Stimme ihres Vorgesetzten klang müde und erschöpft und durch die schwere
Gehirnerschütterung war er noch immer etwas benommen.
"Sein Zustand ist stabil, aber
er wird eine ganze Weile brauchen sich von dem hohen Blutverlust zu erholen.
Zwischendurch sah es nicht gut aus, aber er ist ein Kämpfer." Cal Brackett
war hinter ihnen aufgetaucht und sah müde und erschöpft zu Johnny. "Er
wird es schaffen Jungs!"
Chet und seine Freunde atmeten auf.
Dixie half noch den Monitor richtig anzuschließen und überprüfte kurz den
Puls bevor sie den Männern aufmunternd zu lächelte und mit Dr. Brackett den
Raum verlies. Mike sprach den Gedanken zuerst aus. "Sie haben nichts über
Roy gesagt."
Nein, das hatten sie nicht. Chet trat
zu Johnny an das Bett und lauschte dem Signal des Monitors, bereit loszustürmen,
wenn er auch nur einen Bruchteil von seinem Rythmus abwich. Johnnys Schulter und
Oberkörper war verbunden und sein Bein lag in einem Streckverband. Chet sah zum
Captain, der seinen Blick mit ernster Miene erwiederte.
***
Und wieder wollte die Zeit nicht
vergehen. Das monotone Piepen der Monitore neben Johnnys Bett war das einzig
stetige. Eine Weile hatte sich der Captain mit den Jungs unterhalten. Er hatte
jede Einzelheit des Unglücks erfahren wollen. Jetzt schwiegen sie wieder und
warteten.
Hank Stanley sah nach rechts zu
Johnny und dann zum Monitor. Chet hatte seinen Platz am Bett nicht verlassen. So
war es schon bei Gage´s Schlangenbiß gewesen. Sein Kopf dröhnte und er schloß
kurz die Augen, doch er hatte sich vorgenommen wach zu bleiben bis er wusste ob
auch der letzte aus ihrem Team die Katastrophe gut überstanden hatte. Gut! Wie
relativ das Wort war. Er konnte sich an nichts erinnern, aber die ernsten
Gesichter seiner Kollegen und der ein oder andere Erzählung nach war es mehr
als knapp gewesen.
Als er die Tür hörte war er gleich
wieder hellwach. Stanley sah Dr. Brackett hereinkommen. Wo war Roy? Er versuchte
im Gesicht des Arztes zu lesen. Warum schoben sie Roy nicht einfach hinein wie
sie es auch bei Gage getan hatten.
“Doc?” Chet trat an ihn heran und
konnte die Sorge in seiner Stimme nicht verbergen. “Doc! Nun sagen sie schon
was, wie geht es Roy? Ist er...”
“Nein Chet! Er wird es wohl
schaffen!” Dr. Brackett nickte dem Captain zu. “Dr. Early hat die Blutung
stoppen können. Sie werden Roy gleich bringen. Er hat es geschafft Jungs, auch
dank euch!” Er sah in die Runde. “Und dann solltet ihr euch alle etwas
Schlaf gönnen.”
Captain Stanlay nickte. “Ich werde
dafür sorgen Doktor!” Er war erleichtert, dass er niemanden aus seinem Team
verloren hatte und die Erleichterung sah er auch in alle Gesichtern. Chet setzte
sich endlich einmal hin und schien erleichert durchzuatmen.
Dr. Brakett verlies das Zimmer wieder
und alle sahen sich lächelnd an. Chet legte eine Hand auf Johnnys Arm. “Haste
du gehört Johnny? Roy hat es geschafft!”
Stanley sah zu ihm herüber, doch
Johnny reagierte nicht und verdeutlichte ihm erneut, wie knapp sie der
Katastrophe entkommen waren. Und dann ging endlich die Tür auf und Dixie schob
lächelnd ein weiteres Bett in den Raum. Roy hatte einen dicken Verband um den
Kopf und wurde ebenfalls an Kontrollmonitore angeschlossen. Dixie sah in die
Runde. “Jungs. Es ist Zeit, dass die drei sich ausruhen. Kommt, wir gehen in
der Cafeteria noch einen Kaffee trinken.”
Chet wollte prostestieren. “Aber...
“
Stanley griff ein. “Nichts da
Jungs. Ich passe auf die beiden auf. Ihr geht jetzt und besucht uns morgen. Das
ist ein Befehl. Verstanden?”
Chet öffnete den Mund, gab dann aber
klein bei und nickte. Er und die anderen warfen noch einen Blick auf ihre
Freunde und folgten dann Dixie. Die Tür schloß sich und lies ihn mit dem
piependen Monitoren zurück. Stanley schloß die Augen und merkte nicht wie er lächelnd
wegdämmerte.
***
Ein leises Piepen durchdrang die
Dunkelheit und Johnny versuchte sich aus der Bewußtlosigkeit zu kämpfen. Er fühlte
sich unendlich müde und jeder Atemzug erzeugte Schmerzen in seiner Schulter.
Langsam kamen die Erinnerungen zurück. Der Einsturz und ... er musste die Augen
öffnen. Er musste wissen wo er war und was passiert war. Vorsichtig öffnete er
die Lider und blinzelte. Das Licht im Raum war gedämpft und er stellte fest,
dass er in einem Bett im Krankenhaus lag.
Seine Brust und Schulter taten ihm
weh und er sah, dass sein Bein in einem Streckverband lag. Er fühlte sich
unendlich müde und musste dagegen ankämpfen die Augen wieder zu schließen.
Eine Atemmaske auf seinem Gesicht irritierte ihn. Was war geschehen? Was...
“Hallo Johnny.” Seine Augen
wandten sich der Stimme zu. “Bleib ganz ruhig liegen, ja? Du hast eine schwere
Operation hinter dir, aber du wirst wieder gesund.” Das war Dixie, die jetzt
über ihm auftauchte. Er hatte soviele Fragen. “Wie geht...”
“Shhht. Nicht reden. Roy und dem
Captain geht es soweit gut. Sie liegen direkt neben dir und schlafen und das
sollstest du jetzt auch wieder.” Sie strich ihm über das Gesicht und ihre
Hand fühlte sich wohltuend kühl an. Er drehte den Kopf leicht zur Seite und
sah Roy mit einem großen Verband um den Kopf. “Er hat es überstanden. Ihr
alle habt es überstanden. Jetzt müsst ihr euch nur noch ausruhen und gesund
werden.”
Erneut strich sie ihm über die Stirn
und er lies sich fallen und schloß die Augen. “Sie hatten es geschafft!”
Er bekam nicht mehr mit wie Dixie
noch einmal die Monitore kontrollierte und sich dann wieder den Sessel heranzog.
Sie nahm wieder Platz und wachte weiter über ihre Patienten.
***
Es waren einige Wochen vergangen und
Captain Stanley hatte seinen Dienst auf der Station wieder aufgenommen. Sie
hatten zwei Ersatzsanitäter bis Roy und Johnny wieder einsatzbereit waren und
heute bereits einen Autofahrer aus seinem demolierten Wagen befreit. Die Jungs
wuschen gerade die Wagen als er Chet einen Freundenschrei ausstossen hörte.
“Roy! Johnny!” Captain Stanley wandte sich um und sah die beiden auf dem Hof
kommen. Roy hatte noch immer einen Verband um seinen Kopf und schob Roy vor sich
her. Dank der verletzten Schulter und dem gebrochenen Bein musste er sich wohl
oder übel durch die Gegend fahren lassen.
Die Kollegen der Einheit versammelten
sich um die Freunde und bestürmten sie mit Fragen. “Seit wann ist Johnny aus
dem Krankenhaus?” Chet übernahm von Roy den Rollstuhl. “Wann könnt ihr
wieder in den Dienst?”
Es hatte eine Untersuchung gegeben
und er war von jeder Schuld freigesprochen worden. Niemand hatte die zweite
Explosion erahnen können. Jemand hatte die Gasleitungen manipuliert und die Behörden
ermittelten noch. Stanley sah lächelnd wie die Jungs ihre Kollegen in Richtung
Wache brachten und mit weiteren Fragen bombardierten. Er hatte mit den beiden im
Krankenhaus oft und lange über die Situation geredet.
Er und seine Männer waren schon öfter
im Einsatz verletzt worden. Das gehörte zum Job und dieses Risiko gehörte für
sie bei jedem Einsatz dazu. Daran würde sich nichts ändern. Sie hofften nur
nie wieder in einer solch hilflosen Situatuion zu landen.
“Cap? Kommen sie?” Johnny winkte
mit dem gesunden Arm und grinste ihn breit an.
Er hob den Arm und nickte. “Bin
unterwegs!”
Doch bevor sie alle hineingingen ertönte
der Alarm und beendete den Besuch abbrupt. “Einheit 51, Einheit 27, Einheit
33,2! Ladenbrand im Colemann-Shopping-Center.”
Stoker notierte sich bereits die
Daten während die anderen nach ihren Jacken griffen und die Fahrzeuge
bestiegen. Chet lehnte sich zum Fenster hinaus. “Hey Roy, schieb den Jungen
rein und wartet. Wir beeilen uns und bringen Kuchen mit!”
Damit fuhren sie los und Stanley sah
Roy und Johnny im Spiegel hinter sich zurückbleiben. Die Normalität hatte sie
wieder und Chet Kelley kriegte neben ihm das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht.